Ein Kind der Generation Ökumene macht ernst

Esther Gisler aus Dietlikon ZH hat kirchliche Aufgabe und Heimat gefunden

Porträt, publiziert in Reformierte Presse Nr. 17 | 29. April 2011

Herbert Pachmann – Sie ist in der nachkonziliaren Zeit der katholischen Reformen und ökumenischen Aufbrüche aufgewachsen. So hat sie während ihrer Schul- und Jugendzeit an der kirchlichen Basis eine recht selbstverständliche Ökumene erlebt und wurde davon geprägt.

Auch als Studentin der Theologie, Ethnologie und Religionswissenschaft nahm sie an interkonfessionellen Veranstaltungen teil. Nachhaltig profitiert hatte sie etwa von einem «Industrieseminar», das ihr Einblicke in den Alltag der Industriearbeiter gab.

Nach dem Studium heuerte sie auf einem Kreuzfahrtschiff an, um als Seelsorgerin Gäste und Crew zu betreuen. Wieder auf dem Festland arbeitete sie zunächst in der Psychiatrie mit belasteten Menschen. Die weiteren Etappen führten dann wieder nach Übersee. Im Auftrag der Bethlehem Mission Immensee betreute sie Entwicklungsprojekte in Ecuador und Kolumbien. Dort arbeitete sie eng mit Mennoniten und Vertretern der Mission21 zusammen und vertiefte so ihre ökumenischen Kontakte.

Rückblickend sagt Gisler: «In dieser Zeit konnte ich vor allem wertvolle Erfahrungen in gewaltloser Konfliktbearbeitung, in Friedens- und Menschenrechtsarbeit sammeln.» Dieses Know-how wiederum hat sie später als Menschenrechtsbeobachterin im mexikanischen Chiapas eingesetzt.

Zurück in der Schweiz, vertiefte sie ihre interreligiösen Erfahrungen an der Uni Basel mit Studien zur «Integration im multireligiösen Kontext». Als sie wieder in die Gemeindearbeit einsteigen wollte, wurde ihr bewusst, dass sie sich von ihrer katholischen Herkunftskirche entfremdet hatte. Schon im Studium hatte sie die fehlende Gleichstellung der Frauen und das Demokratiedefizit innerhalb der katholischen Strukturen gestört. Esther Gisler erinnert sich: «Als ich damals Bischof Haas die Gefolgschaft verweigerte, musste ich am eigenen Leib Repressionen erfahren.»

Andererseits hatte sie weitreichende Kontakte und Erfahrungen mit Menschen aus reformierter Tradition. Sie sagt dazu: «Immer wieder haben mich Menschen mit ihrer glaubwürdig gelebten Nachfolge von Jesus im Einsatz für eine gerechtere und solidarischere Welt überzeugt.» Weil Esther Gisler eine Frau der Tat ist, fällte sie Entscheidungen: Sie konvertierte zur reformierten Kirche und fand hier eine neue Heimat. Anziehend wirkte auch die Möglichkeit, als Frau für das Pfarramt zugelassen zu werden. So absolvierte sie ein Lehrvikariat, gründete eine Familie und ist Mutter eines 2-jährigen Sohnes. Im letzten August wurde sie ordiniert und arbeitet als Stellvertreterin im Pfarramt Hombrechtikon.

Steckbrief

Lieblingsmenü:

Tortilla española

Lebensmotto:

«Of course faith is a risk, but one, I would never risk living without.» (Desmond Tutu)

Kirchenpolitiker sind ...

... Sachzwängen ausgesetzt

Religiöse Ausrichtung:

religiös-sozial

Reformierte Kirche ist ...

... eine Aufmunterung zum aufrechten Gang

Freizeit:

Lesen, Schwimmen, Diskutieren

Ausklang des Tages:

«Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett!»